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Gleich

Scheppernd setzt sich ihre kleine Rostlaube in Bewegung. Ja, gleich. Nicht, mehr lange wird es dauern, dann kann sie sich wieder mit ihm gemeinsam auf seinem Teppich wälzen. Und auch wenn sie noch diese kleine schorfige Wunde am Knie vom letzten Mal hat, auf dem Teppich braucht sie wenigstens keine Angst zu haben, eventuell aus dem Bett oder vom Tisch zu stürzen.
Ja, gleich ist es soweit!
Und in Gedanken ist sie längst schon bei ihm. Sie greift ihm schon in sein Haar, nach seiner Haut, greift nach seinen Armen und Beinen und nach seinem Fred, der vielleicht jetzt noch ein Fredchen ist. Oder auch nicht?!
Ja, gleich!
Quietschend bremsen die Bremsen. Sie parkt den Wagen, steigt aus und schließt ab. Jetzt... gleich..., denkt sie und spürt doch plötzlich dieses hammermäßige Gefühl zwischen den Beinen. Erste Anzeichen, die man(n) als heiß und geil bezeichnet.
Aber alles könnte sie ertragen, gerade noch so, nur, wenn er jetzt nicht da ist, dann geht sie ein, fällt zusammen wie ein Hefeteig im Kälteschock. Nur noch zwei, drei Schritte und das Klingeln an seiner Tür. »Hu hu, mein Schatz!«, tönt er freudig und auf geht's zum Einmal-die-Woche-Spektakel.
Kurze Rede langer Sinn. Kein sinnloses Gequatsche. Nein! Schon gleich an der Tür geht das Geknutsche und das Ablecken der Gesichter los. Als alles sauber ist, zerrt er sie oder sie ihn, oder beide sich - wer weiß - gegenseitig in die Stube. 
Jetzt! 
Fred! freut sich. Sie freut sich! Schwindelerregende Berührungen zwingen sie wie zwei Kämpfer zu Boden. Auch wenn es ewig dauert, der Zeiger der Uhr scheint zu rasen. Um nichts zu verpassen, passen sie sich an. Puls und Atmung rasen und die Augen weit geöffnet, um ja nichts zu verpassen. Ja, alles paßt! 
Dann kommt es wieder, dieses Gefühl, gleich einem Blitz, nur nicht so tödlich, aber eben einfach total geil!
Jawohl!
Es sind nicht die Schmetterlinge, die ihnen im Bauch herumfliegen, mehr eine Concorde, Start im Zeh, Ziel nirgendwo und überall. Und der Lärm der Motoren wird nun automatisch übertönt, gekonnt und ganz automatisch, durch ein Rauschen in den Ohren.
Zwei Stunden sind nicht genug, aber genug für heute, denn bis nächste Woche reicht es alle Male. Mit leicht zitternden Gliedern verabschiedet man sich, dann macht sie sich auf den Heimweg. Sie schmunzelt, sie grient bis über beide Ohren. Und er? Er hat noch immer diesen verklärten Blick.
Später, wieder hinter ihrem Lenkrad sitzend, denkt sie schon wieder an ihn, weil er ihr fehlt, ja jetzt schon! Sein Geruch, sein Haar, seine Haut und Fred! Ja, nächste Woche wieder!
Da fängt sie plötzlich hinter ihrem Lenkrad an zu stöhnen, daß sogar Sally* neidisch werden könnte!

(* "Harry und Sally")

© by V.S. 1997

© 1999-2025 Vera Stein

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